Am Anfang war der Brei

Kathrin Beikost 6 Kommentare

Mit gerade 5 Monaten fing unser Mädchen an, mir beim Essen sehnsüchtig hinterher zu schauen. Als ihre Augen eines Nachmittags fast heraus fielen beim Anpeilen meiner Schüssel, ermunterte mich meine Hebamme, sie probieren zu lassen. Ich gab ihr also ein Löffelchen vom Quark mit Mandarinen (gegen alle meine guten Vorsätze auf einmal verstoßend, schließlich bestand die Speise aus Kuhmilch & Zucker!!). Sie öffnete ihre kleine Schnute und haps, war das gute Zeug weg. Ihr Mund ging sofort wieder auf und erst wieder zu, als sie eine weitere Portion auf ihrer Zunge spürte! Ich fiel aus allen Wolken – war aufgeregt und traurig zugleich. Ein neuer Entwicklungsschritt! Toll! Aber bedeutete dies nicht auch das Ende unserer Stillbeziehung?

Stillen oder Brei?

Hin und her gerissen, was ich tun solle, entschied ich mich, nach Absprache mit unserer Kinderärztin, 5 Monate voll zu stillen und mit dem 6. Monat Brei einzuführen. Einerseits freute ich mich darauf Neues probieren zu können und war gespannt wie unser Mädchen die Breihürde meistern würde. Andererseits gilt in unserer Kultur das Beifüttern oft als das „Präludium zum Abstillen“ und genauso verstand ich es zu dem Zeitpunkt auch: Brei war für meine Begriffe der Anfang vom Ende.[1]

Gut vorbereitet, ist halb gewonnen!

Mit gemischten Gefühlen zog ich los und besorgte alle Utensilien, die ich für die nächsten Wochen zu brauchen glaubte. Ich kaufte eine Melaminschüssel* für unser Mädchen, ein Breikochbuch*, Kunststofflöffel, die sich einfärben, wenn der Brei zu heiß ist, 120 verschließbare Kunsstoffbehälter* in unterschiedlichsten Größen zum Einfrieren, Auftauen, daraus Löffeln und die teuerste Anschaffung: ein ESG Zauberstab*, der im Handumdrehen alles zerkleinert.

Karottenbrei die Erste

Als es endlich los gehen sollte, entschied ich mich für den oft angepriesenen Klassiker: Ich besorgte frische Möhren und kochte daraus einen Brei. Doch bereits nach wenigen Happen drehte unser Mädchen energisch den Kopf weg. Seltsam! Ich solle Geduld haben, hieß es. Nun, es mangelte mir nicht an Durchhaltevermögen, vielmehr gab mir unser Mädchen über eine Woche lang zu verstehen, dass Muttermilch weiterhin der Renner ist und Brei nervt. Widerwillig schluckte sie ein paar Löffelchen, fast so als machte sie es uns zuliebe. Sie schaute nach wie vor neugierig auf meinen Mund, wenn ich aß oder trank, doch hieß das wirklich, dass sie gerne Brei essen wollte? Oder nahm ihr Interesse an Dingen grundsätzlich zu? In dieser Zeit beschlichen mich erste Zweifel, ob Beikost heißt, so lange Brei anzubieten, bis sich Babys geschlagen geben (ich kenne so viele Babys die Brei verweiger(te)n). Aber vielleicht gab es ja noch einen anderen, besseren „Beikostweg“…

Brei die Zweite

Ich pausierte eine Weile und startete einen erneuten Breiversuch. Ob Karotte, Kartoffel, Pastinake – selbstgekocht oder aus dem Gläschen – Brei als Hauptmahlzeit mochte unser Mädchen nicht! Sie schaute mich jedes Mal skeptisch an, probierte hin und wieder ein paar Löffelchen, aber je mehr Tage verstrichen, desto doller verweigerte sie püriertes Gemüse!

Fingerfood zum Dritten!

Ich schlug kurzerhand einen anderen Kurs ein! Ich hörte auf, sie mit Brei zu quälen und entschied mich für „eine vom Baby gesteuerte Beikosteinführung“, auch unter der englischen Bezeichnung Baby lead weaning bekannt. Denn gab ich ihr Obst- oder Gemüsestücke, hellte sich ihre Miene sofort auf. Sie erkundete aufmerksam ihre Beute mit beiden Händen, lutschte und saugte daran herum und kostete auf diese Art verschiedenste Lebensmittel. Sie hatte Freude am aktiven Erforschen! Sie hatte ganz offensichtlich Spaß!

Auf diese Weise konnte ich zwei für mich sehr wichtige Dinge verbinden: wir konnten weiterstillen und unser Mädchen hatte die Möglichkeit die Welt der festen Nahrung ohne Zwang und Eile zu entdecken! Ich ließ sie ungehindert probieren, sie mit Essen „spielen“, so dass sie mit der Zeit immer geschickter wurde und schließlich mit 13 Monaten fast ohne Hilfe ihren Joghurt löffelte. Sie durfte stets essen soviel sie wollte, doch wenn sie keinen Appetit hatte und nur wenig aß, musste ich mich nie sorgen, denn die Lust auf Muttermilch verging nie!

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[1] Renz-Polster, Herbert: Kinder verstehen (2012), S. 86.

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